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Konsumpilger

Mittwoch, August 17th, 2005

Der Weltjugendtag – eigentlich sollte man sagen die Weltjugendwoche, schliesslich sind die Pilger bereits fast eine Woche vor Ankunft des Papstes in Köln eingefallen – stellt für Köln sozusagen die Hauptprobe vor den Fussballweltmeisterschaften 2006 dar. Die Frage nach dem Grund für die plötzliche Papst-Euphorie der Jugend überlassen wir getrost Professor Hitzler, der dieses Thema umfassend erforrscht (siehe www.wjt-forschung.de).

Jedenfalls werden 800’000 Besucher erwartet und sich die Stadt hat sich entsprechend vorbereitet: Die Polizei markiert Präsenz, KVB Mitarbeiter versuchen Ordnung in das Chaos an den Strassenbahnhaltestellen zu bringen, Malteser warten vor den Sanitätszelten auf vor Vorfreude kollabierte Pilger und allerorts sind Wasserstationen zum Befüllen der mitgebrachten Trinkflaschen aufgestellt. Richtig gelesen – Wassertankstellen – denn im Gegensatz zum Karneval und CSD, wo die Besucher Kölsch trinken, wird von den Katholischen Jugendlichen erwartet, dass sie auch ohne Alkohol lustig sein können.

Doch nicht nur der öffentliche Sektor, sondern auch der Detailhandel hat sich auf den Pilgerstrom vorbereitet, denn schliesslich will jeder ein Stück von der für eine Woche zugewanderten Kaufkraft abhaben. Viele Geschäfte in der Innehstadt haben daher ihr Sortiment kurzum um Weltjugendtagkerzen, Papst-T-Shirts und sonstige mehr oder weniger unsinnige Souvenirs erweitert. Doch werden diese Dinge tatsächlich gekauft? und wie steht es um das sonstige konsumtechnische Verhalten der jungen Christen? konsumfreu(.)de hat sich aufgemacht und dieses in einer kleinen Adhoc Forschungsreise erkundet:

Die Innenstadt ist voll – vergleichbar mit einem verkaufsoffenen Sonntag vor Weihnachten. Voll sind vor allem auch Mc Donalds und Burger King – vorwiegend Amerikaner – Nonnen und sonstige Pilger drängen sich vor dem Counter um Kingsize Menues zu bestellen. Auf der Beliebtheitsskala gleich dahinter rangieren die WJT -Souvenierstände. Besonders begehrt sind zudem Flaggen – mindestens jeder zweite trägt eine solche mit sich herum – und wer noch keine hat, nutzt eine der zahlreichen Verkaufsstellen, um sich noch eine zu beschaffen. Besonders beliebt bei den Pilgerinnen scheint H&M – und da es dort weder Flaggen noch Papst-T-Shirts zu kaufen gibt, erfreuen sich die jungen Frauen auch gerne mal weltlicher Konsumfreuden wie Jeans, Pullis und sogar Spitzenunterwäsche und G-Strings (ob das den Papst allerdings freuen würde sei dahingestellt). Fast gänzlich unbeachtet von der Pilgerschar bleiben die übrigen (Mode) Geschäfte – Benetton und Kaufhof, Sasch und Zara stellen daher in dem ganzen Troubel eine beinahe schon religionsfreie Zone dar.

Ob die jungen Christen ein repräsentatives Abbild der Bevölkerung darstellen sei dahingestellt – es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Grossereigniss per se keine Garantie für hohe Umsätze darstellt. Wenn man dann noch die entgangenen Umsätze der durch die aufgrund des Grossereignisses ferngebliebenen Kunden berücksichtigt, kann für manche Geschäfte am Ende des sogar Tages ein Minus resultieren.

Eines jedoch hat der Papst (vermutlich unfreiwillig) geschafft – die Ladenöffnungszeiten wurden für diese Ausnahmewoche verlängert – auf 22.00 Uhr.

In diesem Sinne – Amen und viel Spass im Abendverkauf

konsumfreu(.)de

Mythos Kräuterbabybel

Montag, Mai 23rd, 2005

Als grosse Konsumfreundin bin ich seit jeher leicht durch Werbung für neue Produkte zu begeistern. Ob Vanilla Coke, die Opa-Backmischung von Nestlé oder Joghurt Schnee von Müller – ich muss die neuen Produkte ausprobieren – und zwar so schnell wie möglich. Früher war das für mich, bedingt durch meinen Schweizer Wohnort, gar nicht immer so einfach, denn oftmals waren die Produkte aus der deutschen TV-Werbung nicht oder erst viel später in den Regalen der Schweizer Händler zu finden. Die Milchschnitte etwa – heiss begehrt und kaum zu kriegen – ausser man ist ab und zu in das grenzhahe Konstanz gefahren, um sich mit einem Monatsvorrat einzudecken.

Milchschnitte

Doch nicht immer war der der Einkaufstrip von Erfolg gekrönt – die Pizza Crossa mit dem Teig, der durch die eingebauten Luftkammern extra knusprig sein soll habe ich zum Beispiel bis heute nicht gefunden.

Mit meinem Umzug nach Deutschland sollte alles anders werden – plötzlich waren die ganzen Produkte aus der Werbung greifbar geworden – scheinbar zumindest, denn immer wieder kommt es vor, dass die gross angekündigten Produkte nicht in den Regalen zu finden sind. Aktuelle Beispiele: „Mini Babybel feine Kräuter“ von Bel und „Holiday Skin Body Lotion“ von Bebe.

Babybel feine Kräuter

Schlechte Planung oder Absicht? Dazu gibt es drei mögliche Thesen:

1. schlecht koordiniert: Marketing und Vertrieb arbeiten so schlecht zusammen, dass die Produkte beim Kampagnenstart noch nicht in den Regalen stehen. Für diese These spricht, dass manche Produkte tatsächlich Monate nach der Kampagne erhältlich sind – so wie etwa Fanta Citrell. Angesichts der Höhe der Werbeaufwendungen und der sklavischen Orientierung der Product Manager an Verkaufszahlen und Marktanteilen ist diese These jedoch sehr unwahrscheinlich. Daher These Nr.

2. Begehren verstärken: Die Produkte werden absichtlich erst Monate nach der entsprechenden Werbung ausgeliefert, um das Begehren der Konsumenten weiter zu stärken. Wohl kaum, insbesondere nicht im Bereich der FMCG (Fast moving consumer goods) – denn dieser Markt bewegt sich, wie der Name schon sagt, viel zu schnell. Und angesichts des Information Overflow haben die Konsumenten die teure Werbung längst wieder vergessen, wenn die Produkte dann irgendwann erhältlich sind. Daher These Nr.

3. Innovationen vorgaukeln: Ist es möglicherweise so, dass diese Produkte gar nie entwickelt wurden und gar nie entwickelt werden sollen und die Werbung nur dazu dient, die Dachmarke aufzufrischen? Ist somit Babybel feine Kräuter nur ein moderner Mythos?

Weiterhin frohes Spekulieren

Andrea Iltgen

Nachtrag vom 5. Juni 2005 – das neuste Phantom ist das BBQ – Saucen Trampaar „Beauty“ und „Beast“ von Knorr – bisher wurden die beiden nur auf Papier gesehen:

Beauty and Beast, das Saucenduo von Knorr.

Hinweise, die zu deren Konsum führen könnten, hinterlassen Sie bitte in Form eines Kommentars in diesem Weblog. Aber bitte bald – die Grillsaison dauert nicht ewig!

Nachtrag vom 6. September 2005 – der Hilferuf wird per sofort zurückgenommen – ich halte meine erste Flasche Holiday Skin Body Lotion von Bebe in der Hand – etwas spät zwar, aber immerhin:-)