Dass mich das Schicksaal von Denner einmal so berühren könnte, hätte ich bis vor kurzem nicht gedacht – genau gesagt bis zum vergangenen Freitag.
Denner, seit jeher der einzige wirkliche Discounter der Schweiz, hat immer wieder von sich reden macht, sei es, weil der Discounter die Preiserhöhungen von Cailler nicht goutiert oder – früher – indem er das Bier- und Zigarettenkarell bis zum Zusammenbruch bekämpf hat.
Vor allem unter Karl Schweri, dem Onkel des jetzigen CEO und Verwaltungsratspräsidenten Philippe Gaydoul, war Denner stets auch ein Stück Schweizer Politik. Der umtriebige Inhaber lancierte diverse Volksinitiativen und beschritt im Fall des Zigarettenkartells den Rechtsweg bis vor Bundesgericht.
In den letzten Jahren, unter Philippe Gaydoul, machte Denner regelmäßig durch sein weit über dem Branchendurchschnitt liegendes Wachstum von sich reden. „New Denner“ – so hiess das Umbaukonzept der letzten Jahre – hat funktioniert. Im November 2005 folgte dann die Ãœbernahme von 145 Pick Pay Filialen von Rewe. Fast zeitgleich eröffnete die erste Aldi-Filiale in der Schweiz. Denner hatte dennoch nicht viel zu befürchten – überwogen doch seine strategischen Vorteile: Eine breite Akzeptanz als Schweizer Discounter bei den Konsumenten und ein dichtes Filialnetz, das vielerorts über hochfrequentierte Standorte in City- Lagen verfügt. Vorteile, die schwer wiegen – auch gegenüber dem Nachteil der begrenzten Einkaufsmacht von Denner – oder wie sie es selber formulieren:
„Die Einkaufsvolumina von Denner sind relativ klein. Das ist ein entscheidender Nachteil auf den sich liberalisierenden Märkten.“
Am Freitag, 12.1.2007 kam dann die auch für Branchenkenner überraschende Nachricht – Denner wird verkauft. Zwischen den ersten Nachrichten und der angekündigten Pressekonferenz um 14.00 wurde spekuliert an wen – Migros und Lidl waren die meistgenannten Kandidaten.
Ich fieberte mit – schliesslich hatte ich stets vollmundig behauptet, Lidl könnte in der Schweiz nicht erfolgreich werden. An eine mögliche Ãœbernahme von Denner hatte ich dabei natürlich nicht gedacht.
Um 14.00 war’s dann klar – Migros würde 70% von Denner übernehmen – ich und alle Schweizer waren (wenn auch nur insgeheim) erleichtert. Oder – wie eine „Vaterland“ – die Wirtschaftszeitung für die Region Lichtenstein schreibt: „Ãœber eines freuen sich jedoch alle Beteiligten – die Chefetage von Migros und Denner genauso wie die regionalen Detaillisten: Denner bleibt in Schweizer Händen.“
Das Handelsblatt hatte wohl den Ausgang der Pressekonferenz verpasst – denn die Zeitung schrieb noch um 17.24 – drei Stunden, nachdem alle wussten, dass Migros den Zuschlag erhalten hatte: „Lidl vor Ãœbernahme von Schweizer Familienunternehmen?“
Abzuwarten bleibt, was die Wettbewerbskommission zu der Ãœbernahme sagt – Migros ist schon heute der Ãœberzeugung: „(…) dass es für die Weko keinen Grund gibt, diese Ãœbernahme zu untersagen.“ Falls doch, kommen vielleicht doch noch die Neckarsulmer zum Zug. Obwohl die Geschäftsleitung – als schlechte Verlierer – sofort verlauten liessen: „Lidl habe zu keiner Zeit Interesse an einem Kauf der Denner-Kette in der Schweiz gehabt“.
Auch Coop, der Branchen-Zweite, liess offiziell vermelden: „Wir haben nie ein Interesse an Denner gehabt, weil wir nicht zueinander passen“ – dies obschon Coop nach Recherchen der Sonntagszeitung schon vor längerer Zeit Verhandlungen mit Denner aufgenommen hatte.
Für den Fall, dass die WEKO eine Ãœbernahme durch Migros ablehnen sollte, bleiben also gar nicht mehr viele Alternativen – ausser – und das ist unser Vorschlag – die Denner Volksaktie. Damit könnten sich die Schweizer endlich auch einmal finanziell an einem der grossen Detailhändler beteiligen – nachdem sie bis anhin als Genossenschafter von Migros und Coop nicht viel mehr als einen Genossenschaftsschein zum in den Unterlagen abheften erhalten haben.
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